Rheuma und Familie: Ein Leitfaden zur kindgerechten Kommunikation bei chronischer Erkrankung

Rheuma und Familie: Ein Leitfaden zur kindgerechten Kommunikation bei chronischer Erkrankung

Wenn ein Elternteil an Rheuma erkrankt, betrifft das die ganze Familie – auch die Kleinsten. Viele Eltern fragen sich: Wie erkläre ich meinem Kind meine Erkrankung, ohne ihm Angst zu machen? In diesem Beitrag finden Sie einen einfühlsamen Leitfaden zur kindgerechten Kommunikation über Rheuma – mit praktischen Beispielen, Tipps und einer besonderen Buchempfehlung.

 

Warum Offenheit wichtig ist

Kinder haben feine Antennen. Selbst wenn sie nicht genau wissen, was los ist, merken sie schnell, wenn etwas nicht stimmt: Mama ist oft müde, Papa kann nicht mehr mitspielen oder Termine beim Arzt häufen sich. Offen über die Krankheit zu sprechen, gibt Kindern Sicherheit – und hilft, Ängste abzubauen, bevor sie entstehen.

 

So gelingt das Gespräch – je nach Alter

 

Für kleinere Kinder (ca. 3-6 Jahre)

Kleine Kinder denken noch sehr konkret und in Bildern. Sie verstehen die Welt über Vergleiche, Rituale und klare Aussagen. Fachbegriffe oder abstrakte Konzepte wie »chronische Entzündung« überfordern sie meist.

 

Was hilfreich ist:

  • Bilder aus dem Alltag: Vergleichen Sie Gelenkschmerzen mit etwas Greifbarem: »Meine Knie fühlen sich manchmal an wie eine eingerostete Schublade, die sich schwer öffnen lässt.«
  • Wiederholungen: Kleine Kinder müssen Dinge öfter hören, um sie zu verstehen. Bleiben Sie bei einfachen, wiederkehrenden Formulierungen.
  • Klare Beruhigung: Erklären Sie, dass Rheuma nicht ansteckend ist und dass niemand – auch das Kind nicht – daran »schuld« ist.
  • Rituale für Sicherheit: Eine einfache Abendroutine wie die »Was-war-heute-schön«-Runde kann helfen, den Tag positiv abzuschließen. Jedes Familienmitglied nennt eine schöne Sache, die es an diesem Tag erlebt hat. Das stärkt die emotionale Verbindung und hilft Kindern, auch in schwierigen Phasen Halt zu finden.

 

Beispiel für ein Gespräch:

»Ich habe eine Krankheit, die Rheuma heißt. Die sorgt manchmal dafür, dass ich müde bin oder meine Arme nicht so gut bewegen kann. Das ist nicht gefährlich, aber es fühlt sich für mich nicht so gut an. Du kannst nichts dafür, und ich habe Ärztinnen und Ärzte, die mir helfen.«

 

 

Für Grundschulkinder

Kinder in diesem Alter sind neugierig, stellen viele Fragen und wollen Zusammenhänge verstehen. Gleichzeitig haben sie oft noch magisches Denken – sie könnten glauben, dass ihre Wut oder ein Streit »die Krankheit gemacht« hat.

 

Was hilfreich ist:

  • Einfache medizinische Erklärungen: »Mein Körper glaubt manchmal, dass er sich selbst bekämpfen muss, obwohl eigentlich alles in Ordnung ist. Dabei entzünden sich meine Gelenke – das nennt man Rheuma.«
  • Offene Fragen zulassen: Ermutigen Sie Ihr Kind, Fragen zu stellen – auch mehrfach. Seien Sie ehrlich, aber kindgerecht: »Nein, Rheuma geht nicht ganz weg. Aber es gibt gute Medikamente, damit ich mich besser fühle.«
  • Praktische Einbindung: Kinder fühlen sich stark, wenn sie helfen dürfen – z. B. eine Wärmflasche holen oder den Kalender für Arzttermine mitgestalten.
  • Emotionale Begleitung: Akzeptieren Sie auch Wut oder Frust: »Es ist okay, wenn du sauer bist, dass wir heute nicht schwimmen gehen können.«

 

Beispiel für ein Gespräch:

»Mein Körper spielt mir manchmal einen Streich und denkt, dass er sich selbst angreifen muss. Dann tun mir die Hände oder Knie weh, und ich bin schneller müde. Das ist meine Krankheit – sie heißt Rheuma. Du kannst mir helfen, wenn du mir sagst, wie dein Tag war, oder mich erinnerst, Pausen zu machen.«

 

 

Für Jugendliche

Jugendliche entwickeln zunehmend ein eigenes Verständnis für Gesundheit und Krankheit. Gleichzeitig stehen sie selbst unter Druck: Schule, Freundeskreis, Selbstfindung. Die Erkrankung eines Elternteils kann zusätzliche Belastung bedeuten.

 

Was hilfreich ist:

  • Transparente Kommunikation: Jugendliche merken, wenn etwas verschwiegen wird. Offenheit schafft Vertrauen: »Ich habe eine chronische Erkrankung. Die gehört zu mir, aber ich habe gelernt, damit zu leben.«
  • Emotionen benennen: Es ist wichtig zu signalisieren, dass auch schwierige Gefühle Platz haben: »Ich merke, dass dich das alles belastet. Es ist okay, wenn du genervt oder traurig bist.«
  • Rollen entlasten: Jugendliche übernehmen oft Verantwortung. Machen Sie deutlich, dass sie nicht für Ihre Gesundheit zuständig sind.
  • Informationen bereitstellen: Wer möchte, kann sich selbst informieren – z. B. über verlässliche Webseiten oder über ein gemeinsames Gespräch mit einem Arzt oder einer Psychologin.

 

Beispiel für ein Gespräch:

»Rheuma bedeutet, dass mein Immunsystem manchmal überreagiert – es bekämpft gesunde Gelenke, als wären sie krank. Das macht Schmerzen, besonders wenn ich viel mache oder mich überanstrenge. Ich habe gelernt, damit umzugehen, aber manchmal brauche ich Ruhe. Du musst nichts übernehmen, was dir zu viel wird – es reicht, wenn du da bist.«

 

 

Wenn es schwierig wird: Krisen, Schübe, Krankenhaus

Krankheit verläuft nicht linear – und auch Kommunikation ist ein Prozess. In Phasen mit starken Beschwerden oder Klinikaufenthalten hilft es, Kinder frühzeitig einzubeziehen:

  • Vorher ankündigen: »Ich muss bald ins Krankenhaus, damit die Ärztinnen meine Medikamente gut einstellen können.«
  • Alltag erklären: »Du bist in der Zeit bei Oma. Wir telefonieren jeden Tag.«
  • Gefühle benennen: »Ich bin traurig, dass ich nicht da sein kann – aber ich freue mich schon jetzt aufs Wiedersehen.«
  • Kreatives Verarbeiten: Viele Kinder profitieren von Ausdrucksformen wie Malen, Schreiben, Kneten oder Rollenspielen mit Puppen oder Kuscheltieren. Auch ein einfaches Gefühlsbarometer – z. B. mit bunten Smileys oder einem Zeiger, den das Kind je nach Stimmung verschieben kann – kann helfen, Gefühle sichtbar zu machen.
  • Bewegung als Ventil: Toben, Tanzen, Trampolinspringen oder draußen Rennen – Bewegung hilft Kindern, Anspannung abzubauen und wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Auch kurze Spaziergänge oder kleine »Mutübungen« im Alltag können stabilisieren.
  • Verlässliche Ansprechpersonen schaffen: Neben Eltern können auch andere vertraute Erwachsene – wie Großeltern, Erzieherinnen oder Lehrkräfte – eine wichtige Stütze sein. Wenn diese wissen, was los ist, können sie das Kind sensibel begleiten.

 

Unsere Buchempfehlung: »Der Lupus-Zähmer«

Ein liebevoll gestaltetes Kinderbuch, das kindgerecht erklärt, wie eine chronische Erkrankung den Alltag beeinflussen kann – und wie Kinder damit umgehen lernen. Das Buch ist auch bei uns im RZMH erhältlich.
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Fazit

Kinder brauchen keine perfekten Antworten – sie brauchen echte, ehrliche Worte, liebevolle Begleitung und das Gefühl, dazugehören zu dürfen. Auch wenn es manchmal schwerfällt, über eine chronische Erkrankung wie Rheuma zu sprechen, lohnt sich der offene Austausch: Er schafft Nähe, Orientierung und Vertrauen.

 

Mit altersgerechter Sprache, verständlichen Erklärungen und gemeinsamen Ritualen können Sie Ihrem Kind zeigen: »Ich bin für dich da – auch wenn nicht immer alles geht.« So erlebt das Kind: Wir als Familie wachsen mit der Herausforderung – und werden gemeinsam stark. Denn es geht nicht darum, alles richtig zu machen. Es geht darum, den Weg gemeinsam zu gehen – Schritt für Schritt, mit Herz und Offenheit.